Zusammenfassung des Urteils IV 2015/225: Versicherungsgericht
Die Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Mark A. Glavas, hat eine ganze IV-Rente beansprucht, die später auf eine Viertelsrente herabgesetzt wurde. Es wurde eine Rentenrevision durchgeführt, bei der die medizinische Situation der Beschwerdeführerin beurteilt wurde. Es gab Uneinigkeiten bezüglich der Arbeitsfähigkeit und des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin zwischen den Gutachtern und den behandelnden Ärzten. Aufgrund fehlender Beweiskraft der Gutachten und unklarer Entwicklung des Gesundheitszustandes wurde die Angelegenheit zur weiteren Abklärung an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen. Der Entscheid wurde im Zirkulationsverfahren getroffen.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | IV 2015/225 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | IV - Invalidenversicherung |
Datum: | 20.12.2017 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 17 ATSG, Art. 28 IVG. Würdigung von medizinischen Gutachten und Berichten behandelnder Ärzte. Rückweisung an die Beschwerdegegnerin zur weiteren medizinischen Abklärung und neuen Verfügung mangels Spruchreife (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 20. Dezember 2017, IV 2015/225). |
Schlagwörter : | IV-act; Rente; Gutachten; Arbeitsfähigkeit; Gesundheit; Gesundheitszustand; Verfügung; Bericht; IV-Stelle; Recht; Gutachtens; Gesundheitszustandes; Schulter; Verschlechterung; Situation; Invalidität; Abklärung; Verbesserung; Beurteilung; Stellung; Schmerz; Ärzte; Berichte; Zeitpunkt; Stellungnahme; Einschätzung |
Rechtsnorm: | Art. 16 ATSG ;Art. 17 ATSG ;Art. 7 ATSG ;Art. 8 ATSG ; |
Referenz BGE: | 125 V 261; 125 V 352; 130 V 349; 132 V 215; 133 V 108; |
Kommentar: | - |
Entscheid vom 20. Dezember 2017
Besetzung
Versicherungsrichterin Christiane Gallati Schneider (Vorsitz),
Versicherungsrichter Joachim Huber und a.o. Versicherungsrichterin Lisbeth Mattle
Frei; Gerichtsschreiberin Katja Meili Geschäftsnr.
IV 2015/225
Parteien
A. ,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Mark A. Glavas, MLaw,
Advokatur Glavas AG, Dorfstrasse 33, 9313 Muolen, gegen
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin,
Gegenstand
Rentenrevision (Herabsetzung) Sachverhalt
A.
A. meldete sich am 13. Februar 2003 erstmals zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an (IV-act. 1). Die behandelnden Ärzte des Kantonsspitals St. Gallen (KSSG) diagnostizierten laut gleichentags erstelltem Bericht einen Status nach Schulterarthroskopie und offener Acromioplastik sowie Rotatorenmanschettennaht rechts vom 13. Mai 2002 und ein subacromiales Impingement-Syndrom links (IV-act. 7-8). Dr. med. B. , Facharzt FMH Allgemeine Medizin, berichtete am 7. April 2003 zusätzlich über einen Status nach Carpaltunnelsyndrom (CTS)-Operationen beidseits
mit postoperativer Sudeckdystrophie linksseitig, rechts grenzwertig. Die Versicherte sei seit 15. Februar 2002 und bis auf weiteres zu 100% arbeitsunfähig (IV-act. 7-5). Die Arbeitsfähigkeit in der bisherigen Tätigkeit als Näherin (vgl. IV-act. 1-4) könne nicht verbessert werden, der Versicherten sei gekündigt worden. Aktuell sei ihr keine andere Tätigkeit zumutbar. Ob später noch eine verbesserte Arbeitsfähigkeit erreicht werden könne, sei angesichts der sehr grossen Probleme im Bereich der beiden oberen Extremitäten noch recht fraglich. Es bestehe mit Sicherheit eine bleibende Einschränkung von mindestens 20% in der früher ausgeübten Tätigkeit (IV-act. 7-7). Die IV-Stelle sprach der Versicherten mit Verfügung vom 24. Juli 2003 per 1. Februar 2003 eine ganze IV-Rente zu (IV-act. 15 ff.).
Im Rahmen einer amtlichen Rentenrevision holte die IV-Stelle ärztliche Berichte ein (IV-act. 22). Die behandelnden Ärzte der Rheinburg-Klinik, Walzenhausen, wo sich die Versicherte vom 10. bis 30. August 2004 aufgehalten hatte, diagnostizierten laut Austrittsbericht vom 3. September 2004 ein cervikospondylogenes Schmerzsyndrom beidseits sowie eine Fibromyalgie (Erstdiagnose 2003) (IV-act. 22-5 f.). Dr. B. beurteilte am 11. April 2005, der gesundheitliche Zustand der Versicherten habe sich verschlechtert. Die bekannten handbetonten Armschmerzen beidseits seien durch das Hinzutreten eines hartnäckigen cervicospondylogenen Schmerzsyndroms beidseits verstärkt worden. Die Versicherte habe in den letzten Wochen ein deutliches depressives Zustandsbild entwickelt. Ausser der Tätigkeit als Hausfrau sei ihr keine weitere Tätigkeit zumutbar (IV-act. 22-3). Am 27. April 2005 teilte die IV-Stelle der Versicherten mit, es bestehe weiterhin Anspruch auf die bisherige Invalidenrente (IVact. 25).
Anlässlich eines weiteren amtlichen Revisionsverfahrens berichtete Dr. B. am
17. Mai 2010 erneut über einen verschlechterten Gesundheitszustand und befand, an der Arbeitsunfähigkeit sei nicht zu zweifeln (IV-act. 32-1, vgl. auch Bericht vom 12. März 2012; IV-act. 40). Am 1. Oktober 2012 wurde die Versicherte im Auftrag der IVStelle (vgl. IV-act. 45) durch Dr. med. C. , Spezialarzt FMH für Innere Medizin, speziell Rheumaerkrankungen, und Dr. med. D. , Psychiatrie und Psychotherapie FMH, abgeklärt. Mit Gutachten vom 20. Dezember 2012 listeten diese als Diagnosen mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit ein (chronisches) cervikospondylogenes Schmerzsyndrom mit Kopfschmerz, Schultergürtel-, Armschmerz und -schwäche beidseits, eine Lumbalgie seit anfangs 2012 bei lumbosakraler Übergangsanomalie sowie eine Fibromyalgie auf. Für eine adaptierte Tätigkeit erachteten sie die Versicherte als zu 50% arbeitsfähig (IV-act. 48). Dr. med. D. hielt fest, aus psychiatrischer Sicht sei die Arbeitsfähigkeit vollständig gegeben. Der psychische Zustand werde sich jedoch drastisch verschlechtern, wenn die Versicherte nach 10-jähriger Abstinenz vom Arbeitsmarkt und nach Integration in ihre Familie wieder arbeiten gehen sollte (IV-act. 49-5). RAD-Arzt Dr. med. E. , Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie, Physikalische Medizin und Rehabilitation, beurteilte am 23. Januar 2013, gestützt auf das Gutachten habe sich der Gesundheitszustand im Vergleich zur Referenzlage im Jahr 2003 verbessert; ein genauer Zeitpunkt dafür könne jedoch nicht genannt werden (IV-act. 50).
Dr. B. bemängelte am 8. April 2013 die Objektivität des Gutachtens. Auch die von Dr. C. klinisch erhobenen Befunde des rechten Schultergelenks entsprächen nicht den Tatsachen. Die Neoarthrose und die chronischen Handschmerzen seien nicht entsprechend gewürdigt worden (IV-act. 60). Er legte Berichte von Dr. med. F. , Wirbelsäulenchirurgie Ostschweiz, bei. Dieser hatte unter anderem eine aktivierte Neoarthrose S1/2 diagnostiziert und diese zweimal mit einer Infiltration behandelt bzw. behandeln lassen (vgl. Berichte vom 5. Oktober, 31. Oktober und 14. November 2012; IV-act. 59). Dr. E. bekräftigte in seiner Stellungnahme vom 2. Mai 2013 die Objektivität des Gutachtens (IV-act. 62).
Am 24. April 2013 hatte die IV-Stelle der Versicherten mitgeteilt, die Abklärungen im Revisionsverfahren hätten ergeben, dass ihre Erwerbsfähigkeit durch Eingliederungsmassnahmen verbessert werden könnte (IV-act. 58, vgl. IV-act. 56). Die IV-Stelle übernahm die Kosten der beruflichen Abklärung für ein Einsatzprogramm vom
19. August bis 19. November 2013 und gewährte der Versicherten Beratung und Unterstützung bei der Stellensuche (Mitteilungen vom 6. September; IV-act. 72 f.). Da nach Abschluss des Einsatzprogrammes eine Integration in den Arbeitsmarkt (Vermitteln eines Arbeitsversuches) nicht gelang, lehnte die IV-Stelle weitere berufliche Massnahmen am 22. Januar 2015 ab (IV-act. 88, vgl. IV-act. 84 f.).
Nachdem Dr. B. am 16. März 2015 unter Beilage diverser medizinischer Berichte einen verschlechterten Gesundheitszustand festgehalten hatte (vgl. IV-act. 92), beurteilte Dr. E. am 24. März 2015, aufgrund des dokumentierten Verlaufs könne nicht von einer richtungsweisenden Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit dem Gutachten ausgegangen werden. Es gelte weiterhin eine adaptierte Arbeitsfähigkeit von 50% (IV-act. 92).
Mit Vorbescheid vom 13. April 2015 stellte die IV-Stelle der Versicherten eine Herabsetzung der bisherigen ganzen Rente auf eine Viertelsrente (IV-Grad 47.5%) in Aussicht (IV-act. 93). Dagegen erhob die Versicherte am 22. April 2015 Einwand (IV-act. 94). Am 12. Juni 2015 verfügte die IV-Stelle entsprechend dem Vorbescheid (IV-act. 96).
B.
Gegen die Verfügung vom 12. Juni 2015 richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 9. Juli 2015. Die Versicherte (nachfolgend: Beschwerdeführerin), vertreten durch Rechtsanwalt MLaw M. Glavas, Muolen, beantragt darin deren Aufhebung und die Ausrichtung der bisherigen Invalidenrente, eventualiter einer Dreiviertelsrente. Es sei ihr die unentgeltliche Rechtspflege und -verbeiständung zu gewähren; unter Kostenund Entschädigungsfolgen. Sie lässt geltend machen, ihr Gesundheitszustand habe sich nicht gebessert, sondern es sei vielmehr zu einer Verschlechterung der Situation gekommen. Die Gutachter hätten keine Verbesserung der gesundheitlichen Situation dargelegt und eine unzulässige Neubeurteilung der Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit vorgenommen. Selbst wenn es eine zeitweilige Verbesserung der Schulterproblematik im Jahr 2013 gegeben hätte, sei es zumindest im Jahr 2014 wiederum zu einer Verschlechterung gekommen (act. G1).
Mit Beschwerdeantwort vom 7. September 2015 beantragt die IV-Stelle (nachfolgend: Beschwerdegegnerin) die Abweisung der Beschwerde. Sie bringt vor, dem bidisziplinären Gutachten könne nicht ohne weiteres entnommen werden, weshalb eine von der früheren hausärztlichen Einschätzung abweichende Beurteilung der Arbeitsfähigkeit erfolgt sei. Es könne jedoch trotzdem auf das Gutachten abgestellt werden, weil RAD-Arzt Dr. E. in seiner Stellungnahme vom 23. Januar 2013 eine Verbesserung mit überzeugender Begründung bejaht habe. Dr. E. habe am 24. März 2015 auch nachvollziehbar ausgeführt, dass sich aus den nach der Begutachtung neu eingereichten medizinischen Unterlagen keine Verschlechterung des Gesundheitszustandes ergebe. Sollte das Versicherungsgericht das Erfüllen der Revisionsvoraussetzungen verneinen, müsste die im Revisionsverfahren verfügte Renteneinstellung mit der substituierten Begründung der Wiedererwägung geschützt werden. Die ursprüngliche Zusprechung einer unbefristeten ganzen Rente sei nicht auf der Basis einer nachvollziehbaren ärztlichen Einschätzung der Arbeitsfähigkeit erfolgt und damit zweifellos unrichtig gewesen (act. G5).
Am 9. September 2015 entsprach die Verfahrensleitung dem Gesuch um
Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege (act. G7).
Mit Replik vom 7. Oktober 2015 liess die Beschwerdeführerin an ihren Anträgen
festhalten. Sowohl Dr. B. als auch das KSSG hätten dargelegt, dass sich die
medizinischen Beschwerden verschlechtert hätten. Die Zusprache der unbefristeten ganzen Rente sei nicht zweifelsohne unrichtig gewesen, eine Wiedererwägung damit nicht zulässig (act. G8).
Die Beschwerdegegnerin verzichtete auf das Einreichen einer Duplik (act. G9).
Erwägungen
1.
Die Beschwerdeführerin hat seit 1. Februar 2003 eine ganze IV-Rente bezogen (IV-act. 15 ff.). Mit der angefochtenen Verfügung vom 12. Juni 2015 setzte die Beschwerdegegnerin die bisherige Rente auf eine Viertelsrente herab (IV-act. 96). Nachfolgend ist zu prüfen, ob die Rentenherabsetzung zu Recht erfolgt ist.
Gemäss Art. 8 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) wird unter Invalidität die voraussichtlich bleibende längere Zeit dauernde ganze teilweise Erwerbsunfähigkeit verstanden (Art. 8 Abs. 1 ATSG). Erwerbsunfähigkeit ist dabei der durch eine Beeinträchtigung der körperlichen geistigen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 7 Abs. 1 ATSG). Der Grad der für einen allfälligen Rentenanspruch massgebenden Invalidität wird gemäss Art. 16 ATSG durch einen Einkommensvergleich ermittelt, bei dem das Einkommen, das die versicherte Person nach dem Eintritt der Invalidität und nach der Durchführung der notwendigen und zumutbaren Eingliederungsmassnahmen bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte (zumutbares Invalideneinkommen), in Beziehung gesetzt wird zum Einkommen, das die versicherte Person erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre (Valideneinkommen). Nach Art. 28 Abs. 2 IVG besteht Anspruch auf eine ganze Invalidenrente, wenn die versicherte Person mindestens zu 70%, auf eine Dreiviertelsrente, wenn sie wenigstens zu 60% invalid ist. Liegt ein Invaliditätsgrad von mindestens 50% vor, so besteht Anspruch auf eine halbe Rente und bei einem IV-Grad von mindestens 40% auf eine Viertelsrente.
Ändert sich der Invaliditätsgrad eines Rentenbezügers erheblich, so wird die Rente von Amtes wegen auf Gesuch hin für die Zukunft entsprechend erhöht, herabgesetzt aufgehoben (Art. 17 Abs. 1 ATSG). Bei der Anpassung einer Invalidenrente im Sinn von Art. 17 Abs. 1 ATSG geht es darum, eine ursprünglich tatsächlich und rechtlich korrekte formell rechtskräftige Verfügung über eine Dauerleistung (Rente) an nach Eintritt der formellen Rechtskraft eingetretene Veränderungen tatsächlicher Natur anzupassen, das heisst eine nachträglich eingetretene tatsächliche Unrichtigkeit der formell rechtskräftigen Verfügung zu beheben. Anlass zur Rentenrevision gibt jede wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen, die geeignet ist, den Invaliditätsgrad und damit den Rentenanspruch zu beeinflussen (BGE 130 V 349 f. E. 3.5). Ob eine solche Änderung eingetreten ist, beurteilt sich durch Vergleich des Sachverhalts, wie er im Zeitpunkt der letzten, der versicherten Person eröffneten rechtskräftigen Verfügung vorlag, die auf einer materiellen Prüfung des Rentenanspruchs beruht, mit demjenigen zur Zeit der streitigen Revisionsverfügung (BGE 133 V 108 E. 5.4).
Um das Ausmass der Arbeitsunfähigkeit beurteilen und somit den Invaliditätsgrad bemessen zu können, ist die Verwaltung und im Beschwerdefall das Gericht auf Unterlagen angewiesen, die ärztliche und gegebenenfalls auch andere Fachleute zur Verfügung zu stellen haben. Aufgabe des Arztes der Ärztin ist es, den Gesundheitszustand zu beurteilen und dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten die versicherte Person arbeitsunfähig ist (BGE 125 V 261 E. 4). Hinsichtlich des Beweiswertes eines Arztberichtes ist entscheidend, ob der Bericht für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten abgegeben worden ist, in der Darlegung der medizinischen Zusammenhänge und in der Beurteilung der medizinischen Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen der medizinischen Fachperson begründet sind (BGE 125 V 352 E. 3a).
2.
Vorab ist die Frage zu klären, ob die medizinische Situation und die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin rechtsgenüglich abgeklärt wurden. Die angefochtene Verfügung der Beschwerdegegnerin beruht in medizinischer Hinsicht auf dem bidisziplinären
Gutachten vom 20. Dezember 2012 (IV-act. 48) sowie den Stellungnahmen von RADArzt Dr. E. vom 23. Januar 2013 (IV-act. 50) und 2. Mai 2013 (IV-act. 62). Die Beschwerdeführerin spricht diesen gestützt auf Berichte der behandelnden Ärzte die Beweiskraft ab (vgl. act. G1, G8).
Der Beweiswert eines zwecks Rentenrevision erstellten Gutachtens hängt wesentlich davon ab, ob es sich ausreichend auf das Beweisthema erhebliche Änderung(en) des Sachverhalts bezieht. Einer für sich allein betrachtet vollständigen, nachvollziehbaren und schlüssigen medizinischen Beurteilung, die im Hinblick auf eine erstmalige Beurteilung der Rentenberechtigung beweisend wäre, mangelt es daher in der Regel am rechtlich erforderlichen Beweiswert, wenn sich die (von einer früheren abweichenden) ärztliche Einschätzung nicht hinreichend darüber ausspricht, inwiefern eine effektive Veränderung des Gesundheitszustandes stattgefunden hat. Vorbehalten bleiben Sachlagen, in denen es evident ist, dass die gesundheitlichen Verhältnisse sich verändert haben (Urteil des Bundesgerichts vom 8. November 2017, 9C_137/2017, E. 3.1). Vorliegend hat Dr. C. wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht (act. G1) und von der Beschwerdegegnerin in der Beschwerdeantwort eingeräumt (vgl. act. G5) - nicht ausreichend dargelegt, inwiefern sich der Gesundheitszustand der Beschwerde¬führerin verändert haben soll und weshalb er eine von der früheren hausärztlichen Einschätzung abweichende Beurteilung der Arbeitsfähigkeit vorgenommen hat. Er führte lediglich aus, die Beschwerdeführerin sei aus rheumatologischer Sicht seit 2002 durch den Hausarzt voll arbeitsunfähig geschrieben. Zum Gutachtenszeitpunkt sei sie somatisch für eine leichte, adaptierte Tätigkeit 50% arbeitsfähig. Ob er bereits an der ursprünglichen Arbeitsfähigkeitsschätzung zweifelte und deshalb zu einer davon abweichenden Beurteilung kam ob er von einer Verbesserung des Gesundheitszustandes mit entsprechender Auswirkung ausging, geht aus dem Gesagten nicht hervor. Auch listete er zwar unter dem Titel “Stellungnahme zu früheren fachärztlichen Einschätzungen“ die Verlaufsberichte von Dr. B. auf, kommentierte diese jedoch nicht und äusserte sich nicht zum Verlauf der somatischen Einschränkungen der Beschwerdeführerin (vgl. IV-act. 48-10 f.). Wie nachfolgend zu zeigen ist, kann auch nicht im Sinne der Stellungnahme von RAD-Arzt E. aus dem Gutachten geschlossen werden, dass sich überwiegend wahrscheinlich eine Verbesserung des Gesundheitszustandes ergeben hat.
Dr. E. stellte fest, der Gesundheitszustand habe sich gestützt auf das Gutachten im Vergleich zur Referenzlage im Jahr 2003 verbessert. Dies ist insofern nachvollziehbar, als er darauf verwies, dass anlässlich des Gutachtens keine Residuen des postoperativ aufgetretenen Morbus Sudeck mehr nachgewiesen worden seien (IVact. 50, vgl. IV-act. 48-15, 62). Nicht überzeugend ist jedoch die Feststellung Dr. E. , wonach sich die Situation im Bereich der rechten Schulter und der Halswirbelsäule gemäss den klinischen Befunden von Dr. C. verbessert habe (IV-act. 50). Nachdem Dr. B. diese angezweifelt hatte und davon abweichende Befunde erhoben hatte (IVact. 60), begründete Dr. E. diese Diskrepanz damit, dass die Erhebung von Bewegungsmassnahmen bei Schmerzpatienten einer grossen Streubreite unterworfen sei. Diese sei durch die Schwankungen in der Kooperation bedingt. Die Untersuchungsresultate zweier Untersucher könnten demnach nicht ohne Vorbehalt verglichen werden (IV-act. 62-2). Dies erklärt allerdings nicht, weshalb die durch Dr.
C. festgestellten Bewegungsausmasse im Gegensatz zu denjenigen von Dr. B. korrekt sein sollen. Zudem widerspricht sich Dr. E. selbst, wenn er ausführt, die Untersuchungsresultate zweier Untersucher könnten nicht ohne Vorbehalt verglichen werden, aber durch einen Vergleich der Befunde von Dr. C. und denjenigen der behandelnden Ärzte im Zeitpunkt der erstmaligen Rentenzusprache auf eine Verbesserung der Schulterbeweglichkeit schliesst. Sodann wurde die Fibromyalgie entgegen den Ausführungen von Dr. E. (vgl. IV-act. 50-2) von Dr. C. noch immer als Diagnose mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit aufgelistet (IV-act. 48-9).
Dr. C. diagnostizierte ausserdem eine seit anfangs 2012 bestehende Lumbalgie bei lumbosakraler Übergangsanomalie mit unter anderem deutlich aktivierter Neoarthrose links, welche gewisse Beschwerden erkläre (IV-act. 48-9, IV-act. 48-12). Die Diagnose und die Interpretation des radiologischen Befunds, wonach keine (sichere) Kompression von Nervenwurzeln bestehe (vgl. IV-act. 48-11), entspricht den Ausführungen von Dr. F. vom 5. Oktober 2012 (IV-act. 59, vgl. auch MRT vom 13. Januar 2015; IV-act. 91-5). Wie Dr. B. zu Recht geltend machte (vgl. IV-act. 60), ging Dr. C. nur am Rande auf die Auswirkungen der Neoarthrose ein. Dies ist insofern erstaunlich, als die Beschwerdeführerin am 5. Oktober, mithin nur vier Tage nach der Untersuchung bei Dr. C. , bei Dr. F. deswegen in Behandlung war und dieser Infiltrationen für indiziert hielt, welche im Oktober und November 2012 durchgeführt wurden (vgl. IV-act. 59). Sodann ist nicht nachvollziehbar, weshalb Dr.
E. die erst seit 2012 bestehende Lumbalgie mit Neoarthrose welche sich gemäss Dr. C. auf die Arbeitsfähigkeit auswirkt bei seiner Beurteilung des Beschwerdeverlaufs nicht als Verschlechterung berücksichtigte (IV-act. 50).
Schliesslich ist auch die Arbeitsfähigkeitsschätzung des psychiatrischen Teilgutachters Dr. D. fraglich. Dieser attestierte zwar eine volle Arbeitsfähigkeit in sämtlichen Tätigkeiten, hielt jedoch gleichzeitig fest, der psychische Gesundheitszustand werde sich drastisch verschlechtern, wenn die Beschwerdeführerin nach 10-jähriger Abstinenz vom Arbeitsmarkt und Integration in ihre Familie wieder arbeiten gehen sollte. Es erscheint daher zweifelhaft, ob aus psychiatrischer Sicht medizinisch-theoretisch tatsächlich eine 100%ige Arbeitsfähigkeit besteht (IV-act. 49-5).
Zusammenfassend ist das Gutachten von Dr. C. und Dr. D. als nicht beweiskräftig zu bezeichnen. Auch formelle Defizite (redaktionelle Fehler/ Unaufmerksamkeiten, insbesondere unvollständige Sätze; vgl. z.B. IV-act. 48-10 f.) lassen an der Qualität des somatischen Gutachtens zweifeln. Eine Verbesserung des Gesundheitszustandes zum Zeitpunkt des Gutachtens ist damit nicht überwiegend wahrscheinlich.
3.
Die Beschwerdeführerin macht mit Verweis auf Berichte von behandelnden Ärzten eine weitere Verschlechterung des Gesundheitszustandes zwischen dem Gutachten vom Oktober 2012 und der angefochtenen Verfügung vom 12. Juni 2015 geltend (act. G1, G8, vgl. IV-act. 91). Die Beschwerdegegnerin verneinte eine richtungsweisende Verschlechterung gestützt auf die Stellungnahme von Dr. E. vom 24. März 2015 (IVact. 92). Wie nachfolgend ausgeführt wird, ist diese jedoch nicht überzeugend.
Dr. B. veranlasste eine MRT-Arthrographie des rechten Schultergelenks, welche am 9. Oktober 2013 von Dr. med. G. , FMH Radiologie, Röntgeninstitut Rodiag, durchgeführt wurde. Dieser befand, es sei eine knapp 0.5 cm grosse Reruptur der Supraspinatussehne lateroventral, eine mässige AC-Gelenksarthrose sowie ein Hinweis auf eine leichte Bursitis sichtbar (IV-act. 91-25). Dr. E. führte dazu aus, es
sei nicht aussergewöhnlich, dass es nach einer Ruptur im Verlauf der Jahre zu kleineren Re-Rupturen komme. Von einer erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes könne deswegen nicht ausgegangen werden (IV-act. 92). Diese allgemeine Aussage ist jedoch nicht per se auf die Situation der Beschwerdeführerin übertragbar, zumal die Untersuchung aufgrund zunehmender Schulterschmerzen rechts und einem Schmerz des AC-Gelenks rechts durchgeführt wurde, was auf eine verstärkte Beschwerdesymptomatik mit allfälliger Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin hindeutet.
Die behandelnden Ärzte der Klinik für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates des KSSG diagnostizierten am 28. Februar und 4. April 2014 zudem ein chronifiziertes Schmerzsyndrom nach Gebershagen Stadium III unter anderem der rechten Schulter und lumbospondylogen, welches durch degenerative Veränderungen bedingt und durch die komplexe psychosoziale Situation verstärkt sei (IV-act. 91-15 ff.). Unter einem solchen ist ein Dauerschmerz ohne mit seltenem Intensitätswechsel zu verstehen (vgl. http://www.drk-schmerz-zentrum.de/mz/pdf/ downloads/stadieneintei-lung.pdf, abgerufen am 8. Dezember 2017). Dies weist auf eine erhebliche Beeinträchtigung durch die Schmerzen hin, welche trotz diverser Behandlungen (Infiltrationen, Kryorhizotomie S1/2; vgl. IV-act. 91-16 f., 91-24) nicht nachhaltig positiv beeinflusst werden konnten. Dafür spricht auch der Bericht von Dr. F. vom 28. Oktober 2013 über ein exazerbiertes Lendenwirbelsäulen-Syndrom (IVact. 91-21 f.) und die notfallmässige Konsultation im Spital Z. infolge der rezidivierenden Lumboischialgie mit Ausstrahlung ins linke Bein am 12. Januar 2015
(IV-act. 91-6 f.).
Weiter hatte Dr. C. bezüglich der Handgelenke einen weitgehend unauffälligen Befund festgehalten, sie seien frei beweglich und indolent bei Status nach CTSOperationen beidseits (IV-act. 48-7). Bei der Umschreibung der Kriterien für eine adaptierte Tätigkeit liess er allfällige diesbezügliche Einschränkungen ausser Betracht (IV-act. 48-12). Selbst wenn diese Einschätzung zum Zeitpunkt des Gutachtens korrekt gewesen sein mag, scheint sie bei Verfügungserlass nicht mehr ohne weiteres nachvollziehbar, nachdem bei der Beschwerdeführerin im Juli 2014 eine Dekompression des Nervus medianus rechts durchgeführt und für September 2014 eine solche links geplant war (vgl. Bericht des Spitals Herisau vom 17. Juli 2014; IV-act. 91-8). Wie Dr.
E. korrekt bemerkte, sind zwar keine Hinweise auf einen Misserfolg der Operation akten-kundig (vgl. IV-act. 92-2). Dies muss jedoch nicht zwingend einen komplikationslosen Verlauf bedeuten, zumal die Beschwerdeführerin am 17. Juli 2014 noch über ein unangenehmes Ziehen im Bereich der Narbe klagte (IV-act. 91-8). Jedenfalls kann nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass keine Beschwerden an den Handgelenken mehr vorliegen und weiterhin keine diesbezügliche Einschränkung der Arbeitsfähigkeit besteht.
Damit lässt sich insgesamt nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit beurteilen, ob es seit der Rentenzusprache, insbesondere auch nach dem Gutachten vom 20. Dezember 2012, zu einer massgeblichen Veränderung des Gesundheitszustandes gekommen ist. Die Sache ist demnach mangels Spruchreife an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen, damit sie die notwendigen umfassenden medizinischen Abklärungen mittels eines neuen versicherungsexternen polydisziplinären Gutachtens vornimmt. Die Beschwerdegegnerin wird nach erfolgter weiterer Abklärung den Invaliditätsgrad neu beurteilen und über den Leistungsanspruch der Beschwerdeführerin verfügen müssen. Ob die Voraussetzungen für eine Wiedererwägung wie von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht (vgl. act. G5) erfüllt sind, kann vorliegend offen bleiben, zumal auch bei Bejahung eine rechtsgenügliche Abklärung der medizinischen Situation zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung fehlen würde.
4.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde unter Aufhebung der angefochtenen Verfügung vom 12. Juni 2015 dahingehend gutzuheissen, dass die Sache zur weiteren Abklärung und zu neuer Verfügung im Sinne der Erwägungen an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen ist.
Das Beschwerdeverfahren ist kostenpflichtig. Die Kosten werden nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert im Rahmen von Fr. 200.-bis Fr. 1‘000.-festgelegt (Art. 69 Abs. 1bis IVG). Gerichtskosten in der Höhe von Fr. 600.-erscheinen vorliegend als angemessen. Die Rückweisung zur Neubeurteilung gilt
praxisgemäss als volles Obsiegen (vgl. BGE 132 V 215 E. 6.2). Folglich hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu bezahlen.
Gemäss Art. 61 lit. g ATSG hat die obsiegende beschwerdeführende Partei Anspruch auf Ersatz der Parteikosten. Die Parteientschädigung wird vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen. In der Verwaltungsrechtspflege beträgt das Honorar vor Versicherungsgericht nach Art. 22 Abs. 1 lit. b der Honorarordnung für Rechtsanwälte und Rechtsagenten (HonO; sGS 963.75) pauschal Fr. 1‘000.-bis Fr. 12‘000.--. Im hier zu beurteilenden Fall erscheint eine pauschale Parteientschädigung von Fr. 3‘500.-- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) als angemessen. Damit erübrigt sich die Festsetzung eines Honorars aus unentgeltlicher Rechtsverbeiständung.
Entscheid
im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP
1.
Die Beschwerde wird dahingehend gutgeheissen, dass die angefochtene Verfügung vom 12. Juni 2015 aufgehoben und die Sache zur Vornahme weiterer medizinischer Abklärungen und neuer Verfügung im Sinne der Erwägungen an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen wird.
2.
Die Beschwerdegegnerin hat eine Gerichtsgebühr von Fr. 600.-zu bezahlen.
3.
Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von Fr.
3‘500.-- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
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